Hat der deutsche Wein ein Image-Problem?

„Deutscher Wein leidet an einem Imageproblem“ – so titelte unlängst die Badische Zeitung
(http://www.badische-zeitung.de/gastronomie-1/deutscher-wein-leidet-an-einem-imageproblem--
69582616.html). Doch wie kann es dazu kommen, wenn deutsche Winzer in den letzten Jahrzehnten verstärkt auf Qualität setzten und besonders der deutsche Riesling zu den besten Weißweinen der Welt zählt?

Tatsächlich hatten Weine aus Deutschland in der Vergangenheit immer wieder mit Imageproblemen zu kämpfen. Lange Zeit waren die Exportprodukte deutscher Winzer eher von minderer Qualität, was deutschen Weinen den Ruf als billige Massenware und Supermarktweine einbrachte. Der Wendepunkt kam allerdings schon zur Zeit des Glykolskandals 1985, als entdeckt wurde, dass in Weinen aus Österreich und Deutschland Spuren gesundheitsschädlicher Frostschutzmittel enthalten waren. Deutsche Weinerzeuger sahen sich angesichts der äußerst negativen Presse gezwungen, verstärkt auf Qualität zu setzen, um so ihre Produkte überhaupt noch absetzen zu können.

Was folgte, war ein rapider Kurswechsel in der Vermarktungsstrategie der deutschen Winzer. Statt auf billigen Massenwein setzten sie nun auf verstärkt auf Erzeugnisse von hoher Qualität und die Billigprodukte – wie etwa die berüchtigte Liebfrauenmilch – verschwanden zunehmend vom Markt. Die Mär vom schlechten deutschen Wein gehört also längst der Vergangenheit an. Gerade deutsche Rieslinge genießen heute sogar international den Ruf zu den besten Weißweinen der Welt zu gehören. Der Glykolskandal erwies sich damit im Nachhinein als wahrer Segen für den deutschen Wein.
Dennoch ist dies anscheinend noch nicht bei allen Verbrauchern angekommen und sogar bei deutschen Politikern finden Weine aus Deutschland – zu Unrecht – nicht die volle Unterstützung. So werden etwa bei offiziellen politischen Anlässen nicht zwangsläufig deutsche Weine, sondern häufig importierte Produkte ausgeschenkt. Der Artikel der Badischen Zeitung bezieht sich Studien zweier Studentinnen der Weinwirtschaft an der Universität Geisenheim, die zu einem eindeutigen Ergebnis kommen: „Die Studien stimmen dahingehend überein, dass eine gewisse Gleichgültigkeit vorhanden ist, wenn es darum geht, für offizielle Anlässe den passenden Tropfen auszuwählen. Passiert das in Amtsstuben, stehen die Chancen für die deutschen Winzer noch ganz gut. Schlecht stehen diese, wenn die Organisation einer Veranstaltung an ein Catering-Unternehmen vergeben wird. Dann fließt oft Montepulciano, Pinot Grigio und Crémant. Die Gründe sieht der FDP-Abgeordnete Schweickert darin, dass bei den Caterern offenbar nicht genügend Fachwissen über das Preis-/Leistungsverhältnis deutscher Weine vorhanden ist.“

Der ebenfalls im Artikel zitierte Vorstehende des Badischen Weinbauverbandes, Kilian Schneider, sieht dies vor allem in der Tatsache begründet, dass der Löwenanteil deutscher Weinerzeugnisse von Genossenschaftsverbänden produziert wird. Vielen Verbrauchern mangelt es jedoch offenbar an Vertrauen in die von Genossenschaften produzierten Weine. Laut Schneider "traut man Genossenschaftswinzern nicht zu, dass sie Qualität erzeugen." Er ruft daher deutsche Winzer dazu auf, mehr Selbstvertrauen in die eigenen Produkte zu zeigen und dies auch verstärkt über den Preis zu kommunizieren. Umso bedauerlicher also, dass sogar bei offiziellen Anlässen der deutschen Bundesregierung häufig keine Unterstützung für den deutschen Wein zu finden ist. Gerade wenn man bedenkt, dass unter den Importweinen auch eine große Menge billiger Massenware zu finden ist, wie ein Blick in jedes deutsche Supermarktregal schnell zeigt. Bei der großen Vielzahl an Spitzenweinen aus Deutschland wäre es problemlos möglich, Staatsgäste auch mit heimischen anstatt mit importierten Weinen zu bewirten – besonders da diese Anlässe letztlich auch vom deutschen Steuerzahler finanziert werden.