Gebietsweinmarketing

– Gebietsweinwerbung im Fokus

In einer freien Marktwirtschaft ist die Vermarktung der Produkte den Erzeugern selbst überlassen – so könnte man zumindest meinen. Was jedoch viele nicht wissen, in Deutschland existiert eine Sonderform des Weinmarketings, die sogenannte Gebietsweinwerbung. Der große Unterschied zum herkömmlichen Marketing der Winzer und Weingenossenschaften selbst besteht darin, dass bei der Gebietsweinwerbung zentrale staatliche Institutionen die Bewerbung deutscher Weine übernehmen.

Es handelt sich dabei um den Deutschen Weinfonds (DWF), sowie das Deutsche Weininstitut (DWI). Bei beiden Organisationen handelt es sich um Selbsthilfeeinrichtungen der Weinerzeuger Deutschlands, die es sich seit der Gründung im Jahr 1961 zum Ziel gesetzt haben, die Qualität und auch die Absatzzahlen deutscher Weine zu verbessern. Finanziert werden diese Institutionen aus obligatorischen Abgaben der deutschen Winzer. 


Tatsächlich sind diese durch § 46 des deutschen Weingesetzes (WeinG) dazu verpflichtet, eine Abgabe für die Gebietsweinwerbung an den DWI zu zahlen. Die Höhe der Abgaben ist in $43 WeinG festgesetzt und beträgt €0,67 pro Ar Rebfläche. Zusätzlich ist auch auf jeden Hektoliter gewerblich verkauften Weines eine weitere Zahlung fällig. Zur Abgabe verpflichtet sind sämtliche Winzer, deren Rebflächen insgesamt fünf Ar überschreiten. Die Gesamthöhe dieser Abgaben betragen, je nach Erntemenge des Jahrgangs, rund 10 Millionen Euro.

Diese Gelder werden vom DWF verwaltet und neben der Förderung von Qualitätswettbewerben und der wissenschaftlichen Forschung unter anderem auch zur Finanzierung sogenannter gebietlicher Absatzförderungseinrichtungen verwendet. Dabei handelt es sich um Vereinigungen, die sich für die Bewerbung von Weinen bestimmter Weinbauregionen stark machen. Die größte Organisation dieser Art ist die Vereinigung Rheinhessenwein e.V., welche mit einer Reihe medialer Werbekampagnen die Weine der Region bewirbt. Neben einer bereits seit 20 Jahren andauernden Schwarz-Weiss-Werbung im Fernsehen ist der Verein Rheinhessenwein auch auf internationalen Weinmessen präsent und organisiert Werbeveranstaltungen und Städtetouren.

Obwohl diese Abgaben also letztlich Weinerzeugern Deutschlands zu Gute kommen, sind nicht alle deutschen Winzer von dieser Zwangsmaßnahme überzeugt. 2009 klagten zwei Winzer aus der Weinbauregion Pfalz gegen Forderungen der Gemeinde Einsweiler, jeweils über 1000 Euro an den DWI und den Verband Pfalzwein e.V. zu zahlen. Eine ähnliche Klage gegen Zahlungen an Verbände der Land- und Ernährungswirtschaft (CMA), sowie der Forst- und Holzwirtschaft im Jahr 2009 waren erfolgreich: Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Abgaben als unzulässige Sonderabgaben und damit als verfassungswidrig.

Die Klage der Pfälzer Winzer schien damit erfolgsversprechend, wurde jedoch mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2010 abgewiesen. Während die Winzer eine Übertragbarkeit des Urteils auf die Weinwirtschaft erzielen wollten, argumentierten die Richter mit der besonderen Situation der deutschen Weinindustrie. Da Deutschland etwa sechsmal mehr ausländischen Wein importiere, als deutsche Erzeugnisse ins Ausland verkauft werden, sei die deutsche Weinwirtschaft im internationalen Markt stark benachteiligt.

Durch diese Benachteiligung, so die Argumentation der Richter, sei eine staatlich organisierte Gebietsweinwerbung nicht nur rechtens, sondern notwendig. Die Erhebung einer Sonderabgabe zur Wettbewerbsförderung deutscher Weine sei somit nicht verfassungswidrig. Auch bei einem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wurde die Klage erneut abgewiesen.

Ob es den deutschen Winzern gefällt also oder nicht, sie werden weiterhin mit ihren Abgaben den DWI und die Marketingkampagnen von Vereinen wie dem Rheinhessenwein e.V. oder dem Pfalzwein e.V. finanzieren müssen.